Die Nippon Connection Story

Die Anfänge des japanischen Filmfestivals Nippon Connection gehen auf das Jahr 1999 zurück. Die beiden Filmwissenschaftsstudenten Marion Klomfaß und Holger Ziegler, beide Asienbegeistert und Kino- bzw. Festivalerfahren, hatten die Idee, an der Frankfurter Universität einige japanische Filme zu zeigen. Denn Ende der 90er Jahre bekam man in deutschen Kinos und im Fernsehen nur sehr selten Filme aus Japan zu sehen. Das Programm sollte aus dem 16mm Film-Archiv des Japanischen Kulturinstituts in Köln zusammengestellt werden. Als studentische Initiative angelegt, kamen noch einige Mitstreiter dazu und die Planung begann.

Schnell wurde klar, dass die ursprünglich geplanten 16mm-Kopien den eigenen Ansprüchen nicht gerecht wurden, und so begann die Eruierung der Möglichkeiten, aktuelle japanische Filme auf 35mm-Kopien zu beschaffen. Die Planungen, an deren Ende das erste Nippon Connection Festival im April 2000 stand, wuchsen in wenigen Wochen zu einem ausgewachsenen Filmfestival. Bereits bei diesem Festival gab es das Grundkonzept, nicht nur Filme zu zeigen, sondern diese auch in ein umfangreiches Rahmenprogramm einzubetten, als eine Art Bonbon, um die Besucher in unbekannte Filme in japanischer Sprache mit englischen Untertiteln zu locken. Die Erwartungen, die von den Organisatoren an das erste Festival gerichtet waren, wurden um ein Vielfaches übertroffen: 10.000 Besucher anstelle der hoffnungsvoll erwarteten 1.500 gaben dem Konzept von Nippon Connection Recht und bezeugten ein großes Interesse der Zuschauer an aktuellen japanischen Filmen und japanischer Kultur.

Wegen der großen Nachfrage wurde das Organisationsteam angespornt, das Festival weiterzuführen. Nach einer einjährigen Pause und der Gründung des gemeinnützigen Vereins „Nippon Connection e.V.“ ging es an die Planung des zweiten Nippon Connection Festivals 2002, das nun im jährlichen Turnus stattfinden sollte. Von Jahr zu Jahr wuchs das Festival. Die Grundidee wurde immer weiter ausgebaut: 2002 wurde eine eigene Filmschiene für Digital-Produktionen eingerichtet („Nippon Digital“) und in Zusammenarbeit mit dem Künstlerhaus Mousonturm eine Ausstellung organisiert, beim Nippon Connection Festival 2003 wurde zum ersten Mal in Zusammenarbeit mit dem Kino im Deutschen Filmmuseum eine Retrospektive gezeigt („Nippon Retro“) und Veranstaltungen in Kooperation mit dem Literaturhaus Frankfurt organisiert, und beim vierten Nippon Connection Festival 2004 gingen Teile des Programms auf Tour nach Leipzig und Barcelona. 2005 wurde das Tourprogramm weiter ausgebaut und zum ersten Mal der Nippon Cinema Award verliehen. Beim zehnjährigen Jubiläum 2010 verlieh eine Fachjury erstmals in Kooperation mit der Japan Visualmedia Translation Academy (JVTA) den Nippon Digital Award, der vor allem Nachwuchstalente unterstützen soll.

Die Zuschauerzahlen sind mittlerweile auf 16.000 gestiegen, wobei diese nicht mehr nur aus Deutschland, sondern aus der ganzen Welt nach Frankfurt reisen, um die neuesten japanischen Filme zu sehen. Nippon Connection hat sich mittlerweile zur größten Plattform für aktuellen japanischen Film außerhalb Japans entwickelt. Die meisten Filme, die gezeigt werden, erleben ihre Deutschland-, Europa- oder Weltpremiere. Im Rahmen des Festivals wurden viele Regietalente entdeckt und in ihrem Schaffen kontinuierlich begleitet, unter anderem Nobuhiro YAMASHITA, Toshiaki TOYODA oder Yuki TANADA.

Ein wichtiges Anliegen des Festivals ist, den Austausch zwischen Publikum und Filmemachern zu fördern. Jedes Jahr präsentieren in Frankfurt viele Regisseure, Schauspieler und Produzenten ihre Filme persönlich und stehen dem Publikum Rede und Antwort. Unter den anwesenden Gästen waren bisher zahlreiche Größen des japanischen Films wie Kaori MOMOI, Toshiaki TOYODA, Koji WAKAMATSU, Shinya TSUKAMOTO, Akira OGATA, Go HIRASAWA, Haruhiko ARAI, Makoto SHINOZAKI, Minoru KAWASAKI, Nobuhiro YAMASHITA, Ryuichi HIROKI, Shinsuke SATO oder Yuki TANADA vertreten. 2009 war ein Austausch sogar direkt nach Japan möglich. Durch eine Live-Videokonferenz konnten Zuschauer in Frankfurt direkt Fragen an Regisseure in Japan richten. Dieses Grenzüberschreitende Konzept soll weiter ausgebaut werden.

In Japan ist der Erfolg von Nippon Connection nicht unbemerkt geblieben: Im Jahr 2004 wurden die Festivalorganisatoren vom japanischen Kulturministerium (Bunkacho) z.B. nach Tokio eingeladen, um an einem Symposium zur Wirkung des japanischen Films im Ausland teilzunehmen. Auch beim Festival selbst spielt die akademische Beschäftigung mit dem japanischen Film eine wesentliche Rolle. Zahlreiche Japanfilmkenner geben dem Publikum in Vorträgen tiefe Einblicke in das japanische Filmschaffen. 2007 fand im Rahmen von Nippon Connection erstmals in Europa die Kinema Club Konferenz statt, die wichtigste akademische Veranstaltung zu Film und bewegten Bildmedien aus Japan.

Schon immer bot Nippon Connection nicht nur auf der Leinwand etwas für das Auge: Seit dem ersten Festival im Jahr 2000 ist das auffallende Corporate Design ein Markenzeichen des Festivals. Die Poster in zartem Rosa bis zu leuchtendem Pink stechen jedes Jahr aufs Neue aus der Kommunikations-Masse der Plakatwände heraus und wurden mit allen wichtigen deutschen Kreativ- und Design-Preisen ausgezeichnet.

Neben dem Programm arbeitet das Festivalteam an zahlreichen weiteren Projekten. Beispielsweise entstand die Idee zu einer eigenen Musik-CD. Die Festivalorganisatoren brachten aus Tokio verschiedene Sounds der Tokioter U-Bahn mit und gaben sie deutschen Musikern, die sich von diesen Klängen zu einem imaginären Soundtrack der japanischen Megacity inspirieren ließen. Diese CD erschien 2003 beim Label Ckp unter dem Titel „Nippon Connection - The Tokyo Metro Soundtrack“. Im April 2005 erschien beim Label „das modular“ die zweite CD „Nippon Connection Exchanging Tracks“. Zwei traditionelle japanische Musikstücke wurden 28 renommierten Remixern aus Europa und den USA zur Verfügung gestellt. Diese ließen sich von der Atmosphäre der Stücke und den Samples inspirieren und komponierten ihre persönlichen Soundtracks. Unter dem Projekttitel „Exchanging Tracks“ gaben wir die Musikstücke der beiden CDs wiederum japanischen Regisseuren, die dazu Kurzfilme drehten.

Trotz der Größe des Nippon Connection Festivals und der vielen weiteren Projekte des Vereins Nippon Connection e.V. wird immer noch alles in ehrenamtlicher Arbeit geleistet. Das Organisationsteam besteht aus mittlerweile rund 50 Personen, vom Erstsemester- Student bis zum Doktoranden und Berufstätigen, und balanciert zwischen dem Anspruch an ein professionell organisiertes Filmfestival und dem wirklich Machbaren. Das knappe Festivalbudget muss jedes Jahr hart erkämpft und erarbeitet werden und setzt sich aus verschiedenen Förder- und Sponsorengeldern zusammen. Obwohl das Nippon Connection-Team immer mehr an seine Belastungsgrenzen stößt, ist der Enthusiasmus aber nach wie vor groß, und es gibt noch viele Ideen, die auf ihre Umsetzung warten.